Das Hofgut Kranichstein bleibt im Turniermodus

Der Sport in Südhessen ruhte schon weitestgehend, in Kranichstein wurde aber geritten. Beim Turnier auf dem Hofgut zeigte die 13 Jahre alte Naomi Himmelreich mit sechs Siegen ihre Klasse.

Die Jüngste und die Schnellste im abschließenden M-Springen in Kranichstein: die 13 Jahre alte Naomi Himmelreich vom PSV Kördorf auf „Cordetto“.

DARMSTADT– „Man muss positiv denken, alles andere sehen wir dann.“ Stefan Schäfer denkt nicht nur so, er handelt als Turnierveranstalter auch entsprechend. So waren es wieder die Reiter, die für Wettkampfbetrieb sorgten an einem Wochenende, an dem der Sport in Südhessen schon vor dem offiziellen Beginn weitestgehend in den Lockdown gegangen war. An jenem Ort, der im Mai auch Schauplatz der ersten Sportveranstaltung nach der ersten Corona-Zwangspause war. Anders als bei den vielen Freiluftturnieren im Sommer sind auf dem Hofgut Kranichstein aber keine Zuschauer mehr zugelassen, seit in der Halle um Siege geritten wird.

„Indoors III“ nannte sich Teil drei einer Turnierserie, die vor allem jungen Pferden und Reitern eine Wettkampfplattform bieten sollte und auch zur Sichtung für Bundeschampionate diente. Was Naomi Himmelreich eindrucksvoll nutzte. Mit sechs Siegen in drei Tagen – im zarten Alter von 13 Jahren. Gegen die Leichtigkeit im Sattel des für den PSV Kördorf reitenden Teenagers waren gestandene Turnierreiter selbst in den anspruchsvollsten Prüfungen chancenlos. Mit vier Sekunden Vorsprung führte sie „Cordetto“ im abschließenden M-Springen zum Sieg. Schnell, fehlerfrei und nervenstark, hatte Naomi Himmelreich das Springen doch mit einer Aufgabe eröffnet. „Das war mein Fehler“, sagte die 13-Jährige selbstkritisch zum missglückten Ritt auf „Vino v’tKosterhof“, mit dem sie zuvor ein L-Springen gewonnen hatte.

Ein Pferd mit einer Geschichte, die man in diesen Zeiten nicht erfinden kann. Kurz nachdem er einen Virus so eben überlebt hatte, ritt der Wallach mit Armin Himmelreich zum Sieg in Groß-Zimmern – beim letzten Reitturnier vor dem ersten Corona-Lockdown im März. „Ich war genauso in dem Alter, nur dass meine Eltern nicht für so optimale Voraussetzungen gesorgt haben“, sagt der Vater mit augenzwinkerndem, aber stolzem Blick auf seine Tochter, die gerade in den Bundeskader berufen wurden. Womit sie ebenso in der zweiten großen Corona-Pause Turniersport betreiben darf wie ihre Eltern, die Berufsreiter sind. Denn Profisport bleibt ja erlaubt, und unter diesem Etikett plant Stefan Schäfer in Kranichstein auch im November Turniere – Genehmigung vorausgesetzt. „Wir sind mehr als dankbar für das, was die Veranstalter hier machen“, sagt Armin Himmelreich, der mehrfach in diesem Jahr von seinem Zucht- und Ausbildungsbetrieb nahe Limburg nach Darmstadt fuhr.

„Wir sind froh, dass wir in unserer Nachbarschaft beständig Turniere hatten“, sagt auch Volker Brodhecker, der es vom heimischen Burghof in Wolfskehlen nicht ganz so weit hatte und mit seinen Söhnen gerade die jüngsten Angebote sehr gerne nutzte: „Wir haben viele junge Pferde, die wir an den Turniersport heranführen.“ Zum Beispiel der junge „Cascais“, auf dem auch Hoffnungen als Zuchthengst ruhen und dessen sportliche Klasse Philipp Brodhecker mit einem Sieg in einem L-Springen demonstrierte.

Volker Brodhecker blickt aber auch mit etwas Sorge auf die Corona-Folgen im Turniersport. Die Reitfamilie hat mit drei Turnieren auf dem eigenen Hof versucht, dem Trend entgegenzuwirken, aber fest steht für ihn: „Die kleineren Turniere, wo die Mamas und Vereinsmitglieder den Kuchen backen, die sterben so ein bisschen.“ Denn Corona verlangt viel ab, was nur wenige Veranstalter so professionell leisten können wie in Kranichstein.

Weitere südhessische Sieger in Kranichstein: M*-Springen: Philipp Konrad (RFV Weiterstadt) auf Carslon, Elias Hohler (RFV Viernheim) auf Corsino (Stilspringprüfung); L-Springen: Lea Koob (TSV Wald-Michelbach) auf Coco Jambo; A**-Springen: Annie Neumann (RFV Schwanheim) auf Caja, Francesa Pauli (RG Bensheim) auf Lantina, Marie Knieß (RFV Modautal) auf It’s Libby.